Ob es sinnvoll ist die eigene Immobilie jetzt zu verkaufen oder noch einen „besseren“ Zeitpunkt abzuwarten wird von vielen Faktoren bestimmt. Wesentlich unterscheidet sich die Beantwortung der Frage, ob Sie in der Immobilie selbst wohnen und diese als Eigenheim nutzen oder ob Sie überlegen eine Kapitalanlage zu verkaufen. Dieses Kompendium von Einflussfaktoren arbeitet die Einflussfaktoren heraus, welche vom Markt sowie Ihrer persönlichen Situation beeinflusst werden. Ich werde Ihnen im Folgenden detailliert an die Hand geben, was Sie bei Ihrer Entscheidung analysieren sollten und so allgemein erläutern, dass Sie tagesaktuell die Einflussfaktoren bewerten können.

Kapitalanlage vs. Eigenheim

Eigenheim

Wenn Sie überlegen Ihr selbstbewohntes Eigenheim zu verkaufen ist der wesentliche Treiber zumeist der Wunsch oder die Notwendigkeit die eigene Wohnsituation zu verändern. Dies kann der Wunsch nach einer größeren Immobilie sein, der jobbedingte Umzug in eine andere Stadt, die Verkleinerung, nachdem die Kinder aus dem Haus sind, die Trennung vom Partner oder auch ganz andere individuelle Gründe. Wesentlich in dieser Betrachtung ist, dass Sie weiterhin Wohnraum benötigen. Wenn Sie somit den Zwang haben Ihre Immobilie zur Veränderung der eigenen Wohnsituation zu verkaufen, können Sie höchstens überlegen diesen Schritt hinauszuzögern. Bei der Prüfung, ob sich dies lohnt, können daher die gleichen Faktoren wie bei einer Kapitalanlage herangezogen werden. Bedenken Sie jedoch, dass Sie mit dem Aufschieben auf einen in der Zukunft liegenden fixen Tag besonders dann achtsam sein müssen, wenn Sie Ihr neues Eigenheim erst noch selbst erwerben müssen. Unter stärkerem Zeitzwang eine Immobilie erwerben zu müssen wird selten durch andere, für das Warten sprechende, Faktoren überkompensiert. Somit gilt die Einschränkung, dass sich auch der Ankauf zeitlich variabel gestalten lassen muss. Ansonsten gilt: Als Erstes den eigenen (zukünftigen) Wohnraum umgehend sichern.

Kapitalanlage

Der häufigere Fall in dem man sich fragt, ob man seine Immobilie jetzt verkaufen oder warten sollte ist die Kapitalanlage. Hier ist es unerheblich ob als Kapitalanlage eine kleine Eigentumswohnung oder ein Mehrfamilienhaus gehalten wird. Sie sind in der Regel dahingehend weniger im Zugzwang, dass Ihre Mieteinnahmen unabhängig Ihrer Verkaufsabsicht beständig sind. Im leerstehenden Eigenheim liegt die Sache anders, da Sie monatlichen Mittelabfluss ohne gegenstehende Erträge realisieren. Die Einflussfaktoren der zu durchdenkenden Prüfungskriterien sind hiervon abstrahiert universell anwendbar.

Welcher Marktfaktor trumpft?

Der Immobilienmarkt ist heterogen und von einer Vielzahl an Marktfaktoren bestimmt. Die Marktfaktoren untereinander bedingen sich, sind voneinander abhängig, sie korrelieren teils positiv und teils negativ miteinander. Ein komplexes Modell aufzusetzen, in dem man diese Abhängigkeiten sichtbar macht, ist ein sicherlich spannender Gedanke. Für Ihre konkrete Entscheidungsfindung entscheiden Sie jedoch einen Einzelfall. Ein durch ein Modell erzeugtes multivariables Gerüst hilft Ihnen da nicht weiter. Daher nutzen Sie die in diesem Beitrag erläuterten Marktfaktoren für die Ableitung Ihrer eigenen Situationsbewertung und Entscheidungsfindung eben genau so: mit Ihrer individuellen Gewichtung. So gebe ich Ihnen an die Hand wie sie jeden Marktfaktor lesen und interpretieren können. Den Transfer für Ihre Immobilie und Ihre persönliche Situation bleibt jedoch bei Ihnen. In diesem Zug müssen Sie sich auch vom Gedanken verabschieden eine in jedem Fall verlässliche Prognose zu erstellen. Sie entscheiden unter Unsicherheit. Sie werden sich auch mit noch so viel Recherche und Informationsaneignung keine Gewissheit erarbeiten können. Jedoch können Sie Ihre Entscheidung unter Unsicherheit bestmöglich informiert treffen. Hierfür dient dieser Beitrag.

Marktfaktoren für und gegen den jetzigen Verkauf einer Immobilie

Einfluss von Baufinanzierungszinsen auf die Immobiliennachfrage

Die Zinsentwicklung ist die treibende Variabel für die Höhe des Kapitaldienstes, den ein Erwerber für seinen Fremdkapitalteil zu leisten hat. Ein Eigenheim wird oftmals mit nahezu der vollen Kaufpreissumme finanziert. Eine Kapitalanlage zumeist mit mindestens 80% der Kaufpreissumme.

Ändern sich die Zinsen ist die Belastung für einen Eigennutzer höher. Hier ist dieser Betrag meist wichtiger für eine Kaufentscheidung als die reine absolute Kaufpreissumme. Schließlich entscheidet eine Familie primär mittels der eigenen Haushaltsrechnung. Eine höhere Kaufpreissumme macht sich in der weniger greifbaren ohnehin nur schwer greifbaren hohen Zahl des Darlehens bemerkbar und wird insbesondere durch die zumeist zwischen 10 und 15 Jahren gewählte Zinsfestschreibung größtenteils ausgeblendet.

Kapitalanleger nutzen je nach Objektgröße eine Finanzierung von 70% bis 100% der Kaufpreissumme. Sie erwarten in einfachen Lagen einen Liquiditätsüberschuss von > 0€ und in äußerst guten Lagen sind sie bereit einen gewissen, möglichst überschaubaren, Betrag monatlich zu zahlen, sofern die Mieten die Kosten nicht decken. Umso höher der Zins ist, umso schwieriger gestaltet es sich für den Immobilienkäufer bei gegebener Miete einen höheren Kaufpreis zu zahlen.

Sprunghaft verändert sich dieses Entscheidungskalkül des Kapitalanlegers mit steigenden Zinsen. So werden mit steigenden Zinsen zunehmend mehr Banken bereit sein die erwartete anfängliche monatliche Mindesttilgung zu reduzieren. Dies geschieht oftmals in Tilgungsschritten von 50 Basispunkten – somit einer Änderung von 0,5%. Dies ist zwar nicht im Interesse der schnellen Risikoabkehr seitens der Bank, sie ermöglichen jedoch weiterhin im Eigeninteresse überhaupt Finanzierungen zu vergeben. Die langsamere Entschuldung fällt eher geringer ins Gewicht, da die dadurch einhergehende Zinsersparnis im Rahmen der steuerlichen Veranlagung als Werbungskosten (Privatanleger) bzw. Betriebsausgaben (als Kapitalgesellschaft konstituierte Anleger) den Mieteinnahmen gegengerechnet werden können. Diese Möglichkeit hat ein Eigennutzer nicht, da er die Zinszahlung bereits aus versteuertem Geld leistet.

Mit steigenden Zinsen steigen die Anforderungen der Banken an die Beibringung von Eigenkapital. Dies reduziert die Anzahl an Nachfragern um diejenigen die eben dieses Eigenkapital nicht beibringen können und somit aus dem Markt ausscheiden. Die Immobiliennachfrage sinkt.

Prognostizieren Sie somit steigende Zinsen müssen Sie sinkende Kaufpreise für Immobilien antizipieren. Gehen Sie von sinkenden Zinsen aus, erwarten Sie steigende Immobilienpreise.

Die Entwicklung der Bauzinsen kann in seiner Entwicklung am Euribor abgelesen werden. Der Euribor ist derjenige Zinssatz, zu dem die meisten europäischen Banken untereinander Schuldverschreibungen – also festverzinsliche Wertpapiere – ausgeben. Der Euribor wird für Laufzeiten zwischen einer Woche und zwölf Monaten berechnet. Da nur die Entwicklung vom Euribor auf aktuelle Bauzinsen übertragen werden kann und kein konkreter Zinssatz ist es grundsätzlich unerheblich welchen Eurbor-Wert Sie sich in seinem Verlauf ansehen. Da jedoch zumeist Baufinanzierungen mit variablem Zins auf dem 3-Monats-Euribor basieren empfehle ich sich eben diesen Chart anzusehen. Alternativ können Sie ebenso die Umlaufrendite ansehen, also diejenige Entwicklung, welche die Zinsen für Schuldverschreibungen wiedergibt für Staatsanleihen mit bester Emittentenbonität. Wie sich offensichtlich ableitet korrelieren auch die Euriborraten mit der Umlaufrendite. Sichern Sie sich somit eine der vorgenannten Zinsentwicklungen, bzw. den entsprechenden Chart einer beliebigen Finanzseite, um die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen in ihrer Historie zu betrachten sowie etwaige Verläufe für die Zukunft zu prognostizieren.

Inflation als Treiber oder Bremse der Immobilienpreise?

Es ist nun erklärt, wie die Zinsentwicklung, die die Entwicklung der Immobilienpreise zusammenhängen. Da die Inflation die Zinsentwicklung beeinflusst ergibt sich auch eine starke Abhängigkeit zwischen der Inflation und der Immobilienpreisentwicklung.

Zunächst sei das offensichtliche betrachtet. Ein Sachwert ist ein klassischer Profiteur der Inflation. So entwertet die Inflation Bargeldbestände, also Geld und Kontoguthaben. Ein Sachwert bleibt ceteris paribus – also von anderen Einflussfaktoren abstrahiert – im Wert real unverändert. Wenn sich nun das Geld im inneren Wert schmälert, wird eine Immobilie somit nominal um denjenigen Wert erhöhen, die die Preissteigerungsrate das Preisniveau erhöht hat. Eine Immobilie kostet im Zeitpunkt nach Wirkung der Inflation somit in Euro mehr.

Dies ist zunächst unspektakulär, gilt jedoch frühstens mittelfristig. Kurzfristig werden die insbesondere die Zentralbanken versuchen die Inflation einzudämmen. So ist eine stabile und moderate Inflation von zumeist nahe zwei Prozent ein wesentliches Ziel der Zentralbanken. Diese Zielinflation gilt als mäßige und notwendige Geldentwicklung, welche die Akteure des Wirtschaftskreislaufes mitnimmt. So erhalten sich private Haushalte ihre Kaufkraft und die Lohnentwicklung kann sich an der Inflation anlehnen, die Unternehmen werden im Wachstum nicht gebremst, Banken und Staaten haben Planungssicherheit und können nicht primär durch die Preisentwicklung, sondern auf Basis realer Lebensumstände und -bedarfe agieren. Eine nicht austarierte Inflation lässt Nachfrage und Angebot auseinanderdriften, Unternehmen sterben oder private Haushalte zahlungsunfähig werden. Im dramatischen Szenario wird erhebliche Ungerechtigkeit in der Verteilung von Kaufkraft und monetärer Erwerbsfähigkeit allübergreifende Probleme erzeugen. Zunächst trifft eine über die Maße hohe Inflation einkommensschwache Schichten und es ergeben sich erhebliche soziale Unruhen. Das Inflationsziel ist daher der übergeordnete Fokus der Zentralbanken.

Die Umsetzung dieser Inflationsabwehr ist die Erhöhung der Zinsen. Dies erreichen die Zentralbanken über die Erhöhung der Leitzinsen. Und eben jener zuvor beschriebene Zusammenhang von Leitzinsen und den Baufinanzierungszinsen und damit auch den Immobilienpreisen lässt die Inflation im Kurzfristszenario die Preise für Immobilien sinken.

Da jedoch die Erhöhung der Leitzinsen umgehenden und starken Einfluss auf die Wirtschaft hat, erfolgt eine solche zunächst nicht bei kurzfristigen Verfehlungen des Inflationsziels. Von dieser Einschränkung abstrahiert wird anschließend die Wirkung der Zinserhöhung die Immobilienpreise über die Gebühr hin abstrafen.

Eben jene zu erwartende Reaktion der Zentralbanken lässt Immobilienpreise somit zunächst nominal sinken, sobald die Inflation über den Maßen steigt.

Wenn jedoch dieser Umstand nach zeitlichem Ablauf der Kurzfrist überstanden ist, werden Immobilienpreise den realen Abschlag zum tatsächlichen Wert der Immobilie einholen und somit erheblich steigen.

Weiter zeigt sich mit Anstieg der Zinsen, dass Banken unsicher in ihrer Risikobewertung werden. Insbesondere auch, dass der eigene Margenanspruch (also der Aufschlag auf die eigenen Refinanzierungskosten) volatil wird und zwischen den Banken heterogen – hier wird das Vergleichen von Baufinanzierungsangeboten allgemein deutlich interessanter. Auch dieser Aufschlag wird nach zeitlichem Ablauf der Kurzfrist wieder eingeholt und führt ebenfalls dazu, dass die Immobilienpreise mit Beginn der zeitlichen Mittelfrist steigen.

Welche Rolle der Standort spielt

In Ihre Überlegung sollten Sie einfließen lassen, dass die Immobilienpreisentwicklung in Deutschland nicht über alle Regionen hinweg die gleiche ist.

Die sehr attraktiven Großstädte profitieren sehr von einer hohen Käufernachfrage, da begehrten Standorte Zuzug erfahren. Trotz der Bemühung weiteren Wohnraum zu schaffen, werden neugeschaffene Wohneinheiten durch den Zuzug überkompensiert. Die Bevölkerungszahl dieser Städte steigt.

Dies gilt insbesondere für die Big-7. Dies sind die oftmals als Cluster der wertbeständigsten Immobilienstandorte zusammengefassten Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (a.M.), Hamburg, Köln, München und Stuttgart.

Auch gilt diese Entwicklung für die beliebten Mittelgroßen Städte, gerade die Universitätsstädte wie Münster, Göttingen, Heidelberg, Tübingen, Freiburg (i.B.).

Die Speckgürtel der vorgenannten Städte haben insbesondere seit der Corona-Pandemie an Beliebtheit gewonnen. Home-Office und die abnehmende Notwendigkeit an jedem Werktag ins Büro zu fahren sowie die Flucht ins Grüne sind hier die treibenden Kräfte.

Anders liegt die Sache bei den einfachen Gegenden, welche tief im Grünen liegen, abseits der Großstädte mit gering ausgebauter Infrastruktur.

Die Entwicklung der verschiedenen Standorte basieren auf nur schwerfällig sich ändernden makroökonomischen Faktoren. Hier sollten Sie auch weiterhin mit steigender oder eben gemäßigter Nachfrage rechnen und dies in Ihre Entscheidungsfindung einfließen lassen.

Ihre individuelle Situation als Einflussfaktor

Neben den Marktfaktoren sollten Sie unbedingt Ihre ganz eigene individuelle Situation bewerten. So mag es der Markt hergeben, dass Sie von erheblich steigenden Immobilienpreisen über die kommenden Jahre ausgehen. Wenn jedoch Ihre persönliche Situation einen früheren Verkauf hergibt, bringt Ihnen auch ein besonders großer zukünftiger Preisanstieg nichts.

Sofern Sie noch ein Darlehen für Ihre Immobilie haben, schauen Sie in Ihrem Darlehensvertrag nach wie lange Sie Ihre Zinsen noch festgeschrieben haben. Sollten Sie nämlich zuvor Ihre Immobilie verkaufen, werden Sie der Bank den dadurch entstanden Zinsschaden zu erstatten haben. Wesentlich ist die Differenz zwischen aktuellem Marktzins und dem von Ihnen festgeschriebenen Zinssatz. Sofern der Marktzins heute höher ist, wird der Schaden überschaubar sein. Schließlich kann die Bank das Geld zu dann mindestens gleichem Zins neuvergeben. Es bleiben dann noch Bearbeitungskosten, welche jedoch vielleicht durch einen höheren Marktzins sogar überkompensiert werden. Wenn jedoch der Marktzins heute geringer ist als der von Ihnen festgeschriebene Zins, wird die Bank von Ihnen erwarten den Zinsschaden in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung zu ersetzen.

Ihre steuerliche Situation sollten Sie ebenfalls durchdenken. Dies bestenfalls mit einem Steuerberater, welcher auf Basis Ihrer Unterlagen und Verkaufserwägungen Ihnen die dann etwaig anfallende Steuerlast berechnen kann. Allgemein gesprochen können Sie Ihre selbstgenutzte Immobilie dann steuerfrei verkaufen, wenn Sie zumindest drei Kalenderjahre darin gewohnt haben – also zwei Mal Silvester gefeiert haben. Wenn Sie die Immobilie von Tag 1 seit Erwerb selbst bewohnen, benötigen Sie noch nicht einmal drei Kalenderjahre, sondern können ohne zeitliche Restriktion umgehend Ihre Immobilie steuerfrei verkaufen. Die etwaig aufkommende Idee daraus ein Geschäftsmodell zu machen, sollten Sie jedoch tunlichst überdenken, da Ihnen hierzu die Abgabenordnung einen Riegel vorschiebt in Form des Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO. Zuletzt bleibt Ihnen in jedem Fall der steuerfreie Verkauf, wenn Sie Ihre Immobilie mindestens 10 Jahre im Privatvermögen besessen haben – dies ist der klassische Fall bei einer vermieteten Kapitalanlage. Den genauen Wortlaut der beschriebenen Systematik eines privaten Veräußerungsgeschäftes können Sie § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entnehmen.

Zudem bleiben einige weitere wesentliche Faktoren in Ihrer persönlichen Sphäre. Nämlich die von Ihnen prognostizierte Einkommensentwicklung, ggf. auf Basis Ihrer Absichten weniger oder mehr zu arbeiten, den Arbeitgeber oder Beruf zu wechseln oder absehbare Gehaltssteigerungen. Ebenso werden Sie Ihre Nachwuchsplanung einbeziehen müssen.

Lesen Sie hier welche Unterlagen Sie für den Immobilienverkauf benötigen: